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Die Preise für Agrarrohstoffe steigen – was steckt dahinter?

Die Preise für Agrarrohstoffe steigen – was steckt dahinter?

Die Weltmarktpreise für Agrarrohwaren liegen auf dem höchsten Niveau seit über 10 Jahren (1). Im November 2021 hatte sich der Preisindex für landwirtschaftliche Erzeugnisse seit dem Vorjahresmonat um 27,3 Prozent gesteigert. Vor allem Getreide hat deutlich zugelegt – im Vergleich zu Oktober 2021 um ganze 3,1 Prozent. Dies merken wir bereits beim Einkauf im Supermarkt. Lebensmittel verteuerten sich zuletzt um 4,8 Prozent – und übertrafen damit die allgemeine Inflationsrate von 4,5 Prozent.

Doch woraus resultiert diese scheinbar unaufhaltsame Preisentwicklung, die Branchenexperten seit vergangenem Jahr beobachten?

Die Nachfrage übersteigt das Angebot

Der einfach ersichtliche Grund besteht darin, dass global die Nachfrage über einen längeren Zeitraum, seit etwa 2017/2018, das Angebot überstiegen hat. Dadurch wurden weltweit Bestände abgebaut, die zuvor als Puffer gedient und Schwankungen in Angebot und Nachfrage ausgeglichen haben. Zurückzuführen ist diese Diskrepanz zunächst auf eine Kombination aus Wirtschaftswachstum und Minderproduktion in einzelnen Regionen: Wetterbedingt schlechtere Ernten vor allem in Brasilien, Kanada, Russland und USA führten zu einer geringeren Verfügbarkeit von Getreide und Ölsaaten auf den Märkten. Gleichzeitig wuchs die Wirtschaft in den USA und in China und damit der Bedarf an Rohwaren. Während der ersten Phase der Corona-Pandemie hat sich außerdem global Nachfrage aufgestaut, die sich über das Jahr 2021 hinweg entladen hat. Aber noch weitere Faktoren zahlen auf die aktuelle Entwicklung ein.

Biokraftstoff-Quoten treiben Nachfrage nach Pflanzenölen

So führte die US-Wahl in 2020 zu einem Umschwenken in der Umweltpolitik des Landes: Fossilen Kraftstoffen sollten verstärkt Biokraftstoffe beigemischt werden. Diese Biodiesel-Mandate haben kurzzeitig den Bedarf an Pflanzenöl deutlich erhöht. Vor allem Palme, Soja, Mais und Raps werden für die Erzeugung von Biokraftstoffen eingesetzt. Mittlerweile hat die Regierung um Joe Biden die Beimischungsmenge wieder reduziert, was zu einer Entspannung des Marktes beitragen könnte. Hierzu dienlich waren auch die zwischenzeitlich sinkenden Rohölpreise. Sollte dieser jedoch, wie seit Mitte des Jahres, weiterhin steigen, so werden Biokraftstoffe wieder interessanter werden und ihre Verfügbarkeit könnte erneut sinken.

Erdgas- und Betriebsmittelpreise befeuern Produktionskosten

Auch Erdgas ist über die vergangenen Monate stetig teurer geworden und treibt die Kosten für die Produktion von Agrarrohstoffen in die Höhe. Doch nicht nur die Agrar- und Lebensmittelproduktion selbst sind von den gestiegenen Energiepreisen betroffen, sondern auch die Erzeugung von Betriebsmitteln. Gerade die Düngemittelproduktion benötigt viel Erdgas als Rohstoff und Energielieferanten: Bei der Herstellung von Ammoniak und Stickstoffdüngemittel macht Erdgas bis zu 80 Prozent der Produktionskosten aus. Aktuelle Produktionslücken könnten sich sogar noch auf die Ernte in 2022 auswirken. Hinzu kommt nun, dass wichtige Düngerexporteure, wie Russland und China, angefangen haben, die Ausfuhr von Stickstoffdünger über Quoten zu regulieren. Dies dämmt die Verfügbarkeit weiter ein.

Kurzfristig würde gegen den Nachfrageüberhang nur eine global höhere Produktion helfen. Diese wird allerdings durch unvorhersehbare Faktoren, wie das Wetter, beeinflusst und durch externe Größen, wie die Energie- und Betriebsmittelverfügbarkeit, begrenzt. Folglich werden die Verbraucher auch in den kommenden Monaten noch mit steigenden Lebensmittelpreisen rechnen müssen.

Foto: Robert Wiedemann / Unsplash

1: FAO = Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen

Handel ist Wandel – Die Hamburger Getreidebörse von ihrer Geburtsstunde bis heute

Handel ist Wandel – Die Hamburger Getreidebörse von ihrer Geburtsstunde bis heute

Es war 1558: Hamburger Kaufleute erwirkten beim „Ehrbaren Rat der Stadt Hamburg“ das Recht, sich einen Platz an der Trostbrücke in Hamburgs früherem Hafenareal herzurichten. Sie verband damals die bischöfliche Altstadt rund um Dom und Petrikirche mit der gräflichen Neustadt. Hier kamen sie täglich zusammen, um Qualitäten zu vergleichen und zu handeln. Dies war die Geburtsstunde der Hamburger Börse, einer der ältesten deutschen Börsen überhaupt. Schon damals war die Hamburger Börse von zwei Ideen geprägt: Eine internationale Ausrichtung verbunden mit einem starken Gemeinschaftssinn.

Tradition, gepaart mit ständiger Bereitschaft zur Innovation und zur Anpassung an den sich wandelnden Markt ist auch heute noch Leitbild hanseatischer Händler. Und viele Börsen haben von damals bis heute überdauert: die Hanseatische Wertpapierbörse, die Kaffeebörse, die Börsen der Versicherungswirtschaft und Hausmakler und so auch die Hamburger Getreidebörse. Die Getreidebörse ist dabei die letzte aktive existierende „Warenbörse“.

Die Börse dient dem Handelsgeschäft

Doch was ist eigentlich die Aufgabe einer Warenbörse? Ursprünglich ging es darum, die wirtschaftlichen Interessen der Börsenmitglieder zu fördern. Die Hamburger Getreidebörse bot beispielsweise ein Forum, wo Händler und Makler Geschäfte mit Getreide, Ölsaaten, Futtermitteln, Hülsenfrüchten oder Saatgut anbahnten und vermittelten.

Auch heute noch dient die Hamburger Getreidebörse dem Agrar-Handelsgeschäft. Sie gibt u.a. die Hamburger Futtermittelschlussschein und weitere Formularkontrakte heraus. Diese sollen helfen, Verträge fair abzuwickeln und Streitigkeiten zu verhindern. Sie sind öffentlich verfügbar und stehen hier zum Download bereit. Jeden Dienstag stellt die Notierungskommission der Getreidebörse zudem die Kassamarktpreise franko Hamburg für mehrere Getreidesorten, Futtermittel und Hülsenfrüchte fest und veröffentlicht sie als Preisorientierung für die Branche. Der Verein der Getreidehändler der Hamburger Börse e.V. ist der Träger der Hamburger Getreidebörse. Er führt zugleich ihre Geschäfte.

Auch in Zeiten der Digitalisierung bleibt die Börse lebendig

Früher trafen sich die Getreidehändler mit Ihren Warenproben täglich. Heute kommen die Marktteilnehmer dreimal im Jahr zu überregionalen Börsen in der Handelskammer Hamburg zusammen: Jeden Januar, April und August drängen sich bis zu 700 Teilnehmende in den Börsensaal. Sie sichten das Angebot der ausstellenden Unternehmen, teilen Marktinformationen und diskutieren darüber, schließen Geschäfte ab und pflegen Kontakte. Der tägliche Handel erfolgt heute weitgehend per Internet, E-Mail und Telefon – das Leben an den Börsen hat sich geändert, aber das persönliche Treffen hat nicht an Wert verloren. Es ebnet auch heute noch den Weg für reibungslose Geschäfte. Wir freuen uns, dazu beizutragen und das Börsenleben in Hamburg mit allen Börsenbesuchern lebendig zu halten.

Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz – Von der Selbstverpflichtung zum grenzübergreifenden Standard

Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz – Von der Selbstverpflichtung zum grenzübergreifenden Standard

Internationaler Handel trägt dazu bei, Armut zu reduzieren. Das ließ sich dort beobachten, wo Länder in den vergangenen Jahren ihren Import und Export ausgebaut und sich so an den Weltmarkt angeschlossen haben.

Doch die immer weiter verzweigten, globalen Lieferketten bringen Herausforderungen mit sich – und Verantwortung für alle Akteure. Sind die Lebens- und Arbeitsbedingungen fair? Die Löhne angemessen? Wer kontrolliert, dass Menschenrechte und Umweltstandards eingehalten werden? Für eine transparente und nachhaltige Lieferkette soll künftig das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz sorgen.

2016 hatte die Bundesregierung den „Nationalen Aktionsplan für Menschenrechte und Wirtschaft“ erlassen. Viele Unternehmen hatten darauf mit individuellen Selbstverpflichtungen reagiert. In 2020 fragten dann das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung bei über 2000 deutschen Unternehmen ab, welche Maßnahmen sie bereits auf freiwilliger Ebene umgesetzt hatten. Das Ergebnis war ernüchternd – so konnte die Einhaltung der Menschenrechte insbesondere bei Zulieferern oft noch immer nicht gewährleistet werden. Als Konsequenz kündigte die Bundesregierung das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz an, das jetzt im Juni von Bundestag und Bundesrat verabschiedet wurde. Im Oktober soll es veröffentlicht werden und voraussichtlich Anfang 2023 in Kraft treten. Zunächst soll es nur für Unternehmen gelten, die mindestens 3.000 Mitarbeiter in Deutschland beschäftigen. Ein Jahr später soll diese Schwelle auf 1.000 Beschäftigte sinken.

Bereits jetzt setzen sich viele Unternehmen freiwillig für Fairness und Transparenz in ihrer Lieferkette ein – mit Selbstverpflichtungen oder Zertifizierungen. Doch sind sie bislang tendenziell benachteiligt gegenüber Unternehmen, die hierin weniger investieren. Auch dies soll das Gesetz nun ändern und in Deutschland gleiche Standards für alle schaffen.

Die Bundesrepublik zählt damit zu den Vorreitern unter den EU-Ländern, unter anderem neben Frankreich und den Niederlanden. In logischer Konsequenz ist aber auch ein Gesetz auf europäischer Ebene unabdingbar, um über die Landesgrenzen hinaus gleiche Wettbewerbsbedingungen zu schaffen. Hierfür hat das EU-Parlament bereits erste Schritte eingeleitet: Noch in diesem Jahr soll ein Vorschlag für ein sogenanntes Sorgfaltspflichtengesetz der EU auf den Weg gebracht werden.

Foto: Julian Mora / Unsplash